Das Stadtarchiv Unkel
von Rudolf Vollmer
Das erste Archiv der Stadt Unkel befand sich im Kirchturm von St. Pantaleon.
Hier wurden in der Schöffenkiste die wichtigen Papiere und Urkunden aufbewahrt.
Der Kirchturm galt nämlich als der sicherste Platz gegen Diebstahl und Feuer.
Beim Umzug 1857 in das Rathaus an der Frankfurter Straße (heute Teil des Hotels "Vierzehn Nothelfer") benötigte man die
kurkölnischen und nassauischen Akten für die Verwaltung nicht mehr und übergab diese samt der Schöffenkiste dem Pfarrer, der sie auf dem Pfarrhausspeicher lagerte.
Für die preußischen Akten wurde ein langer doppelter Aktenschrank angeschafft.
Dieser ging leider aus Bequemlichkeit beim Umzug 1998 verloren.
Hierin wurden die Akten mit "Preußischer Fadenheftung" gelagert.
Als 1926 die Räumlichkeiten nicht mehr den Anforderungen genügten, zog die Verwaltung in die ehemalige leerstehende
Volksschule an der Linzer Straße um.
Als Archiv richtete man den südlichen Teil des Dachgeschosses her.
Die alten preußischen Akten, die bis 1925 reichten, wurden in den alten Aktenschrank gelegt.
Für die neuen Akten ab 1926 wurden moderne Roll-Aktenschränke angeschafft.
Sie boten genügend Platz für die neuen Akten in Aktenordnern.
Diese "Aktengeneration" reichte bis 1960.
Das Archiv in der Turnhalle
Mit dem Bau der Turnhalle bot sich 1960 die Gelegenheit, endlich einen Raum für ein eigenständiges Archiv einzurichten. Franz Hermann Kemp
gelang es, dies zu verwirklichen, indem er den Anbau der Turnhalle als Archivraum herrichtete. Er sorgte für die Einrichtung mit Regalen und Schränken, die danach mit den kurkölnischen und nassauischen Akten aus dem Pfarrhaus gefüllt wurden.
Gleichzeitig gelang es ihm, wichtige Gegenstände und Kunstwerke Unkeler Künstler für das Archiv zu erwerben.
Ohne Kemp wären die Archivalien sicherlich verschwunden bzw. später vernichtet worden.
Durch sein Verdienst blieben sie der Nachwelt erhalten.
Durch seinen frühen Tod im Jahre 1984 drohte sein Werk zugrunde zu
gehen.
Die Stadt fand dann in Rudolf Vollmer einen Mann, der das Werk von Franz
Hermann Kemp fortsetzte und erweiterte.
Rudolf Vollmer brauchte viel Zeit, um die kurkölnischen und nassauischen Akten
durchzulesen und ein Fundbuch herzustellen. Danach ließ er auch alle frühen preußischen Akten (Fadenheftung) ins Archiv bringen und ordnete sie.
Nachdem die neueren preußischen Akten (1926-1960) von einem Diplom-Archivar des
Landeshauptarchivs Koblenz gesichtet worden waren, wurden die
Archiv würdigen dem Archiv überstellt und von Vollmer geordnet.
Nachdem die Verwaltung 1998 in das neue Rathaus der Verbandsgemeinde umgezogen
war, stand die Nutzung des (alten) Rathauses zur Debatte. Bürgermeister Zimmermann und dem Unkeler Stadtrat ist es zu danken. dass sie den Umzug des
Archivs aus der Turnhalle in das Rathaus beschlossen.
Den Stadtarbeitern unter Peter Zehnpfennig ist es
gelungen, die alten Räume vorzüglich herzurichten, so dass jetzt
ein vorzeigbarer Archivraum und ein "Künstlerzimmer" vorhanden sind.
Nach der Einrichtung erfolgte dann die offizielle Einweihung des neuen
Archivraums mit einem "Tag der offenen Tür" am 20.12.1998.
Es ist erstaunlich, wie viele alte, speziell Unkel betreffende Dinge sich im
Archiv befinden:
Da sieht man in einer Vitrine die ältesten Zeugnisse der Unkeler Geschichte,
nämlich fränkische Grabbeigaben aus dem 6. und 7. Jh., die man 1923 beim Bau von zwei Lehrerdienstwohnungen (heute Rathaus der Verbandsgemeinde) fand.
Diese Grabbeigaben sind der Beweis dafür, dass Unkel
schon ca. 250 Jahre vor seiner ersten urkundlichen Erwähnung
besiedelt war.
In einer zweiten Vitrine befinden sich Urkunden von
1361 (Quittung) bis 1772, die Schlaglichter auf die Vergangenheit Unkels werfen.
In den beiden Schränken befinden sich die wertvollsten Schätze des Archivs: das alte
Ratsbuch, geführt von 1594 bis 1607, in welchem alle Ratssitzunqen der damaligen Zeit protokolliert wurden.
Weitere handschriftliche Protokollbücher der Bürgermeisterei Unkel datieren von 1850 bis 1899.
Auch die Abrechnungsbücher des Unkeler und Scheurener
Jungesellenvereins von 1846 bis 1960 lagern in den Schränken. Ebenso die
Unterlagen des Bürgervereins von 1950 bis 2000.
Eine handschriftliche Stadtchronik, geführt von den jeweiligen
Bürgermeistern, erhellt die Zeit von 1857 bis 1919.
Eine Zeitungschronik von 1984 bis 2002 gibt Auskunft über die jüngste Vergangenheit.
Stolz ist das Archiv auf die vollständige Liste der Bürgermeister-Rechnungen
von 1591 bis 1710 und die Baumeister-
Rechnungen von 1672 bis 1790. In ihnen sind die genauen Kosten der Stadt Unkel sowie der Bürger für die einzelnen Jahre aufnotiert.
Sehr interessant sind auch die Hebbücher (Steuerbücher) von
Unkel, Rheinbreitbach und Bruchhausen, die von 1562 bis
1790 (allerdings nicht vollzählig) vorhanden sind. Sie geben Auskunft über den
Reichtum bzw. Besitz der einzelnen Personen.
Die Armen-Fürsorge wird durch die Akten der
Armen-Provisoren erhellt. Die Armen-Rechnungen sind von 1610 bis 1871
vollzählig erhalten.
Einen Einblick in die Volksseele geben die vielen Gerichtsakten des 18. und19. Jahrhunderts.
Der bekannteste Fall behandelt den Kleptomanen Anton Kühlwetter, der 1739 hingerichtet wurde.
Wie schwierig das Leben damals war, zeigen die Militaria-Akten. Sie befassen sich vor allem im 18. Jh. mit den
Kosten für die durchziehenden Soldaten, die in Unkel einquartiert wurden.
Die preußischen "Faden-Akten" von 1817 bis 1925 zeigen
Einblicke in die preußische Verwaltung der Bürgermeisterei Unkel.
Die jüngsten Akten in Aktenordnern von 1926 bis 1960 werden
noch in Akten-Kästen umgeheftet.
So bietet das Archiv eine erstaunliche Menge von alten Akten zur Geschichte
Unkels.
Im Künstlerzimmer hängen Bilder und stehen Plastiken des Bildhauers und Malers
Rudolf Wulfertange, der über 50 Jahre in Unkel lebte und dort 1974 starb.
Aber auch die Werke des Malers Otto Stieffel, der von 1933 bis
zu seinem Tode 1956 in Unkel lebte und wirkte, sind hier zu besichtigen.
Nicht zu vergessen sind die Arbeiten des Malers und Graphikers Josef
Arens (1901 - 1919), dessen Radierungen und Schriften nicht fehlen dürfen.
An Ferdinand Freiligrath, der 1839/1840 in
Unkel eine schöne, aber wenig arbeitsreiche Zeit
verbrachte, erinnern eine Büste sowie seine wichtigsten
Bücher.
Zum Schluss sei noch der Balladen-Komponist
Carl Loewe erwähnt, aus dessen Nachlass zwei Büsten sowie zahlreiche Werke und Erinnerungsstücke im Archiv vorhanden sind.