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Neunter Blog - September 2024

"In Unkel leben und sterben. Was sonst ?

(Leonard Reinirkens (1924 - 2008)

Leonard Reinirkens bei einer Buchpräsentation
Leonard Reinirkens bei einer Buchpräsentation

Am 7. August wäre Leonhard Reinirkens 100 Jahre alt geworden.

 

Diese herausragende Persönlichkeit war Zeit seines Lebens mit Unkel eng verbunden.

 

Viele Unkeler werden sich noch lebhaft an ihn erinnern.

 

Wir als Geschichtsverein fühlen uns besonders berufen, diese Erinnerung zu stärken, denn uns zeigte er sich in besonderem Maße verbunden.


 

 

 

Anlässlich seines 100. Geburtstages hat sich der Geschichtsverein Unkel überlegt, wie wir ihn ehren könnten und so entstand die Idee, seine in den „Fra-Bartolo-Geschichten“ kristallisierte Leidenschaft für die italienische Küche in einem kulinarischen Abend aufleben zu lassen. 

 

Hier möchte ich Ihnen die "kleine" Rede, die ich in Erinnerung an Leonard Reinirkens bei diesem Anlass vorgetragen habe, mit Ihnen teilen:

 

Kulinarischer Leonhard Reinirkens Abend des Geschichtsvereins
 im „Weinhaus Zur Traube“ am 06.09.2024

Liebe Gäste,

 

 

am 7. August wäre Leonhard Reinirkens 100 Jahre alt geworden. Diese herausragende Persönlichkeit war Zeit seines Lebens mit Unkel eng verbunden. Viele Unkeler werden sich noch lebhaft an ihn erinnern. Wir als Geschichtsverein fühlen uns besonders berufen, diese Erinnerung zu stärken, denn uns zeigte er sich in besonderem Maße verbunden.


Wir überlegten, wie wir ihn ehren könnten und uns war klar, dass man ihm nicht mit einem trockenen Vortrag gerecht werden kann. Und so entstand die naheliegende Idee, seine in den „Fra-Bartolo-Geschichten“ kristallisierte Leidenschaft für die italienische Küche in einem kulinarischen Abend aufleben zu lassen. Ich kann mir vorstellen, dass ihn dieser Einfall sehr erfreut hätte.

 

Ich will also keine allzulange Vorrede halten, aber Ihnen doch die Lebensleistung und den Charakter Leonhard Reinirkens skizzenhaft nahe bringen.


Reinirkens gehörte einem Jahrgang an, der durch die Nazi-Zeit und den Krieg geprägt wurde und von dem viele das 21. Lebensjahr und damit die Volljährigkeit gar nicht erreicht haben. Unter welch dramatischen Umständen er dem Massensterben an der Ostfront entrann, hat Reinirkens eindrucksvoll in seinem Tagebuch-Roman „…nach Westen“ verarbeitet.

 

Am Ende resümiert er: „Der Glaube an das Gute, an die Kraft und den Willen zur Gerechtigkeit und an die Würde des Menschen“ sei ihm trotz vieler innerer Kämpfe geblieben.

Diese Überzeugung spiegelt sich in vielen seiner Werke wieder.

Zugleich studierte er ab dem Wintersemester 1945/46 unter unsäglich schwierigen Bedingungen an der stark zerstörten Universität Bonn.

Die von ihm gewählten Fächer geben Auskunft über seine Interessen und Vorlieben: Germanistik, Geschichte und Psychologie.

Seine Lust am Schreiben hatte sich schon während seiner Schulzeit entwickelt. Mit großem Wissensdrang und Begeisterung wollte er möglichst vielfältig die Vergangenheit in sich aufnehmen und er interessierte sich für Menschen.

Nicht nur für besonders Herausragende, sondern für seine Mitmenschen mit all´ ihren Stärken und Schwächen und Eigenarten.
Mit seinem Diplomabschluß in Psychologie 1951 arbeitete er zunächst im Angestelltenverhältnis, u.a. als Verkauftrainer.

Seine währenddessen weiter gepflegte schriftstellerische Tätigkeit brachte ihm im gleichen Jahr den Literaturpreis des Landes Rheinland-Pfalz für seine Novelle „Der Gnom“ ein.

 

Reinirkens pflegte den Kontakt zu Kommilitonen, die ebenfalls in Unkel wohnten, so auch zu dem späteren Schuldirektor Erwin Hemmes.

Durch ihn entstand die Idee und der Kontakt zum Südwestrundfunk, für den Schulfunk lehrreiche Geschichten zu schreiben. 

 

 

Der Erfolg spornte ihn an, sich nun, 1954, auf diese freie, kreative Tätigkeit zu konzentrieren. Er verstand es, den jungen Hörern anschaulich und unterhaltsam Ereignisse und Gestalten aus der Geschichte zu präsentieren. Aber auch scheinbar nüchterne Themen konnte er interessant und spannend auskleiden. In den Hörspielfolgen „Geschichten aus A-Dorf“ und „Alltägliche Rechtsfälle“ erklärte er unsere Grundrechte und unser Rechtssystem in einfacher und leicht verständlicher Form.
Mit seiner markanten, unverkennbaren Stimme fesselte er seine Zuhörer und zog sie förmlich in den Apparat hinein. Dies wurde sein Markenzeichen.
 
Rund 400 Features und Hörspiele aus seiner Feder und mit seiner Stimme machten ihn nicht nur für den SWF sondern für fast alle deutschen Rundfunksender unentbehrlich. Der Mensch hinter dieser schier unglaublichen Leistung war überaus fleißig, diszipliniert, neugierig, vielseitig, voller Esprit und Humor. Er liebte intensives Studium und scheute auch nicht vor Wissensgebieten zurück, die er als Schüler noch gemieden hatte, nämlich Physik, Chemie und Technik. Den größten Raum in seinen Sendungen nimmt jedoch die deutsche Geschichte ein. Seine Bibliothek soll schließlich 40.000 Bände umfasst haben.
 


Sein intensives Quellenstudium qualifizierte ihn dafür, die im WDR, SWF und Deutschlandfunk beliebten Wissensbeiträge wie „Zeitzeichen“, „Das historische Stichwort“ und „Kalenderblatt“ kompetent zu bedienen.

 

Der Erfolg spornte ihn an, sich nun, 1954, auf diese freie, kreative Tätigkeit zu konzentrieren. Er verstand es, den jungen Hörern anschaulich und unterhaltsam Ereignisse und Gestalten aus der Geschichte zu präsentieren. Aber auch scheinbar nüchterne Themen konnte er interessant und spannend auskleiden. In den Hörspielfolgen „Geschichten aus A-Dorf“ und „Alltägliche Rechtsfälle“ erklärte er unsere Grundrechte und unser Rechtssystem in einfacher und leicht verständlicher Form.
Mit seiner markanten, unverkennbaren Stimme fesselte er seine Zuhörer und zog sie förmlich in den Apparat hinein. Dies wurde sein Markenzeichen.
 
Rund 400 Features und Hörspiele aus seiner Feder und mit seiner Stimme machten ihn nicht nur für den SWF sondern für fast alle deutschen Rundfunksender unentbehrlich. Der Mensch hinter dieser schier unglaublichen Leistung war überaus fleißig, diszipliniert, neugierig, vielseitig, voller Esprit und Humor. Er liebte intensives Studium und scheute auch nicht vor Wissensgebieten zurück, die er als Schüler noch gemieden hatte, nämlich Physik, Chemie und Technik.

 

Den größten Raum in seinen Sendungen nimmt jedoch die deutsche Geschichte ein. Seine Bibliothek soll schließlich 40.000 Bände umfasst haben.
 
Sein intensives Quellenstudium qualifizierte ihn dafür, die im WDR, SWF und Deutschlandfunk beliebten Wissensbeiträge wie „Zeitzeichen“, „Das historische Stichwort“ und „Kalenderblatt“ kompetent zu bedienen.

 

Das alleine befriedigte ihn aber nicht, denn ihn trieb noch eine andere Leidenschaft: die Lust am Fabulieren. Er schrieb sowohl ernsthafte Theaterstücke als auch skurile Geschichten, die sich ins Absurde steigerten. Beliebt waren heitere Kurzgeschichten wie die „Geschichten aus dem Sperrmüll“, in denen er seiner Fantasie freien Lauf lassen konnte.
Seine Leistungen blieben nicht unbemerkt und so erhielt er etliche Auszeichnungen wie den „Adolf-Grimme-Preis“ und den „Gerhard-Hauptmann-Preis“.

Bald fasste er auch im Fernsehen Fuß. Etliche Theater- und Hörfunkstücke hatten in umgearbeiteter Form Erfolg, sogar die „Rechtsfälle im Alltag“, die bei ihm überhaupt nicht trocken wirkten. Noch viel bedeutender für seinen Bekanntheitsgrad war 1980 die Fernsehreihe „Die Leute vom Domplatz“. Mit großem Aufwand und akribischer historischer Detailtreue ließ Reinirkens die Zeit des mittelalterlichen Stauferkaisers Friedrich II. aufleben.
Seine Vielseitigkeit kam voll zur Geltung, als er in seinen Geschichten selbst als Schauspieler zu agieren begann. Wie er in perfekter Maskerade und Haltung z.B. Kaiser Wilhelm II., Rasputin oder Napoleon I. verkörperte, war einfach umwerfend.

Leonard Reinirkens als Kaiser Wilhelm II
Leonard Reinirkens als Kaiser Wilhelm II
Leonard Reinirkens als Napoleon Bonaparte
Leonard Reinirkens als Napoleon Bonaparte

 

Ab Mitte der 1980er Jahre begann Reinirkens seine Sendereihen zu Buchausgaben zu verarbeiten, so die „Großtante Hortense mit ihren Bowlen, Punschen uns Amouren“ und die „Kulinarischen Abenteuer des Fra Bartolo“. Die rheinische Geschichte läßt sich gut in seinen „Geschichtpunkten“ und „Geschichtsstationen am Rhein“ nachlesen. So konnte er sich aus der Fronarbeit für die Sendeanstalten allmählich lösen.

In Sankt Goar am Mittelrhein ist Leonhard Reinirkens noch heute in bester Erinnerung. Denn seit 1998 wurde dort in der „Burg Rheinfels“ sein Erfolgsstück, die „Rheinfels Saga“ rund 80 Mal aufgeführt. Es ist eine Zeitreise durch 1300 Jahre deutscher Geschichte am Rhein, spektakulär mit 60 Akteuren inszeniert.

Ein besonderes Anliegen blieb ihm noch: Er wollte sein Ideal eines rheinischen Charakters personifizieren und in amüsante und lehrreiche Geschichten packen. Und das gelang ihm mit seinem „Helden“, dem Unkeler Winzersohn André Bohnefaß. Die drei Bände sollte man gelesen haben.


Noch in ganz anderer Weise hat sich der in Essen geborene leidenschaftliche Rheinländer Leonhard Reinirkens zu seiner Wunschheimat bekannt. Nämlich durch sein unermüdliches Engagement für Unkel. Kein Fest konnte gefeiert werden und keine Festschrift erscheinen, ohne dass „unser Leo“, wie ihn die Leute nannten“ seinen Beitrag leistete.

Insbesondere der Geschichtsverein konnte sich auf ihn verlassen. Er moderierte die Konzerte der „Carl-Loewe-Musiktage“, er hielt Lesungen und er schrieb Beiträge für zahlreiche „Geschichtsboten“. 

Natürlich erhielt er unsere Ehrenmitgliedschaft.

Die Stadt Unkel verlieh ihm 1999 die Ehrenbürgerschaft und 2007 erhielt er den Verdienstorden des Landes Rheinland-Pfalz.

Schon zu seinem 70. Geburtstag hatte er sich in das „Goldene Buch“ unserer Stadt eingetragen mit dem Bekenntnis: „In Unkel leben und sterben, was sonst?