"Der Unkeler Winzerverein"...
von Rudolf Vollmer
Gegen Ende des vorigen Jahrhunderts war die Lage der Unkeler Winzer denkbar ungünstig: Dies hing vor allem mit Erschwernissen beim Absatz des Unkeler Rotweins zusammen. Der " Caprivische Handelsvertrag" begünstigte die Einführung von ausländischem Rotwein nach Deutschland, was in den rheinischen Rotweingebieten - so auch in Unkel zu Absatzschwierigkeiten führte. In den Kellern der Winzer stauten sich die unverkauften Rotweinfässer.
Der Herbst 1894 brachte eine sehr reiche Ernte mit einer guten Qualität,
aber der Verkauf lief sehr stockend.
Da berief Ernst Euskirchen eine Versammlung der Unkeler Winzer in den (heutigen) Unkeler Hof ein, um über die Gründung eines Winzervereins zu beraten, wovon man sich bessere Absatzchancen erhoffte.
Die Versammlung stimmte für eine Gründung und schloss sich in der Gründungsversammlung vom 08.09.1895 zum "Unkeler Winzerverein" zusammen. Man wählte die Form einer Genossenschaft, weil man diese für die Winzer am zweckmäßigsten hielt.
Die 56 Gründungsmitglieder wählten folgenden Vorstand:
Vorsitzender: Josef Richarz
Stellv. Vorsitz: Ernst Euskirchen
Beisitzer: Johann Weißenfeld
Heinrich Mürl
In den Aufsichtsrat wurden gewählt:
Vorsitzender: Dr. Kirchartz
Stellv. Vorsitz: Anton Faßbender
Beisitzer: Peter Schopp
Josef Euskirchen
Heinrich Mohr
Joh. Jos. Schreiner
In den kommenden Jahren wandte der Winzerverein sein Hauptaugenmerk auf die Auswahl und den Anbau der Reben. Es wurde die erste Rebschule angelegt.
Am 04.02.1898 beschloss der Winzerverein den Bau eines Gebäudes mit genügend Keller- und Kelterraum. Der Grundstein hierzu wurde am 23.02.1899 gelegt, woran eine Kopie der Urkunde noch erinnert.

Mittlerweile war die Anzahl der Mitglieder auf 78 Personen gestiegen, von denen sich ein Teil auf dem Dokument verewigte. Es waren Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft: Angefangen mit Bürgermeister Biesenbach und Ortsvorsteher Richarz, den Industriellen Schwenzow, Alexander und Paul Profitlich und G. Lauffs, den Geschäftsleuten Jonas Levy und Hirsch Simon bis zu den Winzern.
Im Jahre 1923 kam ein Büroanbau dazu, welcher 1928 noch aufgestockt wurde.
Durch den Winzerverein wurde der Absatz des Weins zwar verbessert, aber schon 1905 begann eine Reihe von Missernten, hervorgerufen durch das massive Auftreten von Rebschädlingen. Infolgedessen wurden viele Weingärten aufgegeben und blieben als "Driesch" liegen. Viele Winzer gaben ihren Beruf auf und wanderten zur Industrie ab.
Der Winzerverein kaufte die aufgegebenen Weinberge auf und bewirtschaftete sie durch seine Mitglieder.
Im Jahre 1926 erlitten die Unkeler Winzer weitere Einbußen durch einen sehr strengen Frost. Aber auch diese Schäden wurden durch Neuanpflanzungen behoben.

Während des 3. Reiches wurde der Weinbau stark gefördert und erlebte einen kurzen Aufschwung.
Der 2. Weltkrieg und die Zeit danach brachten erhebliche Einbußen und eine enorme Verringerung der Weinbergsflächen. Außerdem fehlte der Nachwuchs.
Die Winzerjugend zog eine bequemere Arbeit im Büro oder beim Handwerk der mühseligen Arbeit im Weinberg vor.
So kam es, dass der Winzerverein vergreiste.
Die Winzergenossenschaft beschloss daher bei einer außerordentlichen Generalversammlung am 11. Juli. 1970 die Auflösung des Winzervereins.
Im Gästebuch heißt es: "Der Grund der Auflösung ist nicht finanzieller Art, sondern das Durchschnittsalter von ca. 70 Jahren. Der Älteste ist über 90 Jahre, der Jüngste 55 Jahre alt.
Am 10. Dezember 1970 wurde das letzte Fuder "Unkeler Berg, Spätburgunder Bestes Faß" abgefüllt. Das Gebäude wurde von einer örtlichen Bank übernommen, Weinberge und Einrichtungen wurden an die Mitglieder aufgeteilt.
Das Gästebuch kam ins Stadtarchiv.
So endete die ruhmreiche Vereinsgeschichte des "Unkeler Winzervereins", die den Niedergang des Unkeler Weinbaus zwar nicht verhindern konnte, ihn aber noch eine Zeit lang hinauszögerte.