"Der erste Fremdenführer des Verkehrs- und Verschönerungsvereins Unkel"

Der 1882 gegründete Verkehrs- und Verschönerungsverein Unkel sah seine Hauptaufgabe in der Förderung des Fremdenverkehrs. Dieser nahm ständig zu, insbesondere zwischen 1900 und 1914. Um den Gästen gute Informationen über den geschichtsträchtigen Ort Unkel, die Umgebung und die attraktiven Ziele für Ausflüge und Wanderungen zu geben, brachte man 1903 die 1. Ausgabe des „Führers durch Unkel und Umgebung“ heraus.
Für Text und Gestaltung war Hauptlehrer Johann Anton Schäfer, der Leiter der Volksschule verantwortlich. Diese handliche Anleitung fand
offenbar großen Anklang, so dass bereits 1909 eine überarbeitete und um zahlreiche Wandervorschläge ergänzte Neuausgabe erschien.
Zur Finanzierung erheblich beigetragen haben sicherlich die Werbeanzeigen der Gastronomen und Geschäftsinhaber, die auch zu den rund 75 Mitgliedern des Vereins gehörten.
Einige bemerkenswerte Inserate sollen hier näher betrachtet werden.

Nicht von ungefähr wirbt die Honnefer Buchhandlung und Druckerei Karl Werber gleich auf der 1. Umschlagseite für ihr Filialgeschäft in Unkel, denn bei
ihr wurde der Unkel-Führer gedruckt.

Die Anzeige der Pension „Haus Unkelstein“ bewirbt das 1899 von dem Kaufmann Wilhelm Waninger an der Bahnhofstraße errichtete Gebäude, heute Haus Nr. 6.
Es war um 1900 das erste Wohnhaus auf der Südseite der Bahnhofstraße. Die Pension führte seine Ehefrau Katharina.
Waninger selbst betrieb eine Landschaftsgärtnerei und ein „Baumschulen-Versandtgeschäft“, mit dem er seine selbst gezogenen Bäume, Sträucher etc. vermarktete.
Die heutige „Frankfurter Straße“ hieß damals schlicht „Hauptstraße“.
Wo heute die Künstlerin Martina Seibert-Raken in einem 1931/32 erbauten Haus wohnt und ausstellt, stand damals ein altes Fachwerkhaus.

Der Küfer Bernhard Vollmer verkaufte dort „Kurz- u. Manufacturwaren, Kölnisch Wasser, sowie Rot- und Weisweine“.
Drei Jahre zuvor hatte ihn ein schweres Unglück getroffen: seine rückwärtige Werkstatt und der Stall waren komplett niedergebrannt. Vollmer gelang aber der Wiederaufbau. Ab den 1920er Jahren war
das marode Fachwerkhaus ein übles Verkehrshindernis, da es weit in die Straße hineinragte. Schließlich wurde es abgerissen und der Neubau zurückversetzt.
Ein ganz wichtige Funktion hatte früher der „bahnamtliche Güterbesteller“.
Er hatte die exklusive Lizenz, alle Sendungen, die zum Güterbahnhof gebracht oder von dort abgeholt werden mussten, für die Gewerbetreibende und Privatleute zu transportieren.
Diese Aufgabe hatte der Fuhrwerksbesitzer Ignaz Hartmann.
Er wirbt für sich mit dem Satz: „Halte mich der Einwohnerschaft von Unkel und Umgegend in An- u. Abfuhr aller Waren bestens empfohlen“.
Es war ein lukratives Geschäft. Ihm gehörte der „Schwarzenberger Hof“ (heute „Kurapotheke“) sowie Sand- und Kiesgruben. Nahe des „Schröterkreuzes“ ist der 75jährige Hartmann 1925 mit seinem Fuhrwerk tödlich verunglückt, gerade an dem Gedenkkreuz, das in Erinnerung an einen solchen Unfall 1636 aufgestellt worden ist. Er hatte das Geschäft wieder aufgenommen, nachdem sein Sohn im Weltkrieg gefallen war.


Am Oberen Markt, wo heute Michael Hommerich seine Musikalienhandlung betreibt, hatte Severin Weber ein Lebensmittelgeschäft.
Anzubieten hatte er Obst und Gemüse, Butter , Eier, Käse und Konserven. Dazu Kaffee, Cacao und chinesischen Tee.
Der Clou war sicher: frische Rhein- und Seefische.
Natürlich bot auch er – wie fast alle Händler damals – Tabakwaren an. (Es gab sieben Tabakwarenläden).
Das besondere an Severin Weber aber war: Man nannte ihn den „Sänger vom Drachenfels“. Zur Unterhaltung der zahlreichen Besucher spielte er am Drachenfelsaufstieg seine Gitarre und sang dazu.


Einer der erfolgreichsten Unternehmer in Unkel war damals Hermann Josef Honnef.
Er hatte in die Schmiede und Schlosserei Fuchs, Pantaleonstr. 11 (damals Grabenstr. 37) eingeheiratet und machte daraus eine Bau- und Kunstschlosserei, Farb- und Eisenhandlung.
1902 gründete er an der Linzer Straße eine Betonwaren- und Kunststeinfabrik, die ihre Rohstoffe aus seinen Kiesgruben bezog.
Ebenso erfolgreich war er als Bauunternehmer. Etliche Villen am Hohen Weg, Lehngasse, Linzer Straße und Am Graben zeugen noch heute von seiner qualitätsvollen Bauweise.
Nicht zuletzt das (ehemalige) „Kaiserliche Postamt“, Bahnhofstr. 10 zählt dazu.
Auch als Hauptmann der Freiwilligen Feuerwehr genoß H.J. Honnef großes Ansehen.

Noch manch andere Anzeige verdiente es, näher betrachtet zu werden, vor allem auch die der zahlreichen Gastronomen in Unkel und Umgebung. Das spare ich mir für ein anderes Mal auf.




