Carl Loewe wurde in Löbejün bei Halle als 12. Kind eines Kantors geboren. Schon früh wurde Loewe zum Studium der Bibel und des Gesangbuchs gedrängt. Seine hohe
musikalische Begabung zeigte sich unter anderem im Kirchenchor, in dem er unter der Leitung seines Vaters sang und bald zum "Solodiskantisten" aufstieg.
1807 wurde Carl Loewe in den Stadtchor der Residenz Köthen berufen; 1809 schickte ihn der Vater in den Stadtsingechor und in die Franckeschen Stiftungen nach
Halle. Dort erfolgte die musikalische Fort- und Weiterbildung durch die bekannten Musiker Daniel Gottlob Türk (1750-1813) und Johann Friedrich Reichardt (1752-1814). Sie machten Loewe mit
anspruchsvoller Instrumentalmusik (Beethoven, Mozart), mit Oratorien und Opern (Händel, Haydn, Mozart, Reichardt), aber auch mit Kirchengesang (Bach, Hiller, Türk) vertraut. Als König Jérôme
von Westfalen dem begabten Zögling ein Stipendium für ein Musikstudium gewährte, verließ Loewe die Schule und widmete sich fortan allein der Musik. Der Sturz Napoleons bedeutete für Loewe
allerdings den Verlust des Stipendiums, so dass er 1814 wieder an die Schule in Halle zurückkehrte. Er verwaltete die Organistenstelle der Marktkirche und die Direktion der Kirchenmusiken,
außerdem gab er Privatstunden.
1817 nahm Loewe ein Theologiestudium an der Universität Halle auf - bis 1819 galt er in Halle als einer der begabtesten und aussichtsreichsten Musiker, so dass
der Komponist Carl Maria von Weber ihm die Vorbereitungsleitung eines Konzerts in Halle übertrug. Loewe wirkte im "Marxschen Quartettzirkel" und als Tenor bei Aufführungen der Singakademie
unter Johann Friedrich Naue (1787 - 1858) mit. Als 1820 an der Stettiner Jakobikirche die Stelle des Organisten neu zu besetzen war, bewarb sich Loewe erfolgreich. Fortan war er nicht nur
Organist, sondern gleichzeitig auch Lehrer an Gymnasium und Lehrerseminar sowie städtischer Musikdirektor. 1821 heiratete er Julie von Jacob, die jedoch bereits 1823 starb.
Anfang der 20er Jahre entstanden bereits erste bedeutende Werke, so u.a. die Balladen "Erlkönig", "Edward" und "Herr Oluf", die "Abendphantasie für Pianoforte"
und das "Große Trio für Klavier, Violine und Violoncello". Unter Loewe fanden zahlreiche Konzerte mit Aufführungen klassischer und zeitgenössischer, fremder und eigener Werke statt.
Besonderen Wert legte der Komponist auf Musikerziehung - aus seiner Hand stammen eine Gesangslehre für Gymnasien und eine Klavier- und Generalbassschule.
Reisen führten Loewe nach Berlin, Mainz, Wien und auch nach London, wo er seine Balladen vor der königlichen Familie sang. Ein besonders enges Verhältnis
pflegte Loewe mit dem König von Preußen, von dem er zuweilen in das Schloss nach Potsdam befohlen wurde. In Anerkennung seiner Leistungen und Verdienste wurde Loewe 1832 der Ehrendoktor der
Universität Greifswald verliehen, 1837 wurde er zum ordentlichen Mitglied der Königlichen Akademie der Künste ernannt.
Die Revolution 1848 ließ Loewe relativ kalt. Während Richard Wagner sich in Dresden am Barrikadenkampf beteiligte und Giacomo Meyerbeer mit revolutionären
Kompositionen ("Prophet") an die Öffentlichkeit trat, vertrat Loewe die Meinung, die Lage des Volkes ließe sich nur durch eine sittlich-religiöse Erneuerung verbessern. Insofern war er gegen
eine vehemente Umgestaltung des Staates und seiner Einrichtungen und stand den revolutionären Entwicklungen überaus kritisch gegenüber. Mehr noch: Loewe galt als Gegner der Demokraten, als
reaktionärer Royalist.
Loewes Leben nach 1850 verlief relativ ruhig und unauffällig, verschiedene Möglichkeiten anderweitiger künstlerischer Betätigung hatte er ausgeschlagen und
stets das sichere städtische Amt in Stettin einer unsicheren Position als freiberuflicher Künstler vorgezogen. Loewe widmete sich ganz seiner Familie (1825 hatte er wieder geheiratet, seiner
zweiten Ehe mit Emilie Laura Lange entstammten vier Töchter) und seinen Kompositionen. 1864 erlitt Loewe einen schweren Schlaganfall, von dem er sich nicht wieder erholen sollte. Bis zu
diesem Zeitpunkt waren mehr als 450 Lieder und Balladen, Opern, Oratorien, Instrumental- und Chorwerke entstanden.
Aufgrund von Unregelmäßigkeiten und Auseinandersetzungen mit städtischen Gremien wurde Loewe 1866 gezwungen, sein Amt in Stettin aufzugeben. Er siedelte nach
Kiel zu seiner Tochter um, wo er am 20. April 1869 starb. Sein Herz ruht in einem Pfeiler der von ihm jahrzehntelang gespielten Orgel der Stettiner Jakobikirche.
Carl Loewes Familie zog nach dessen Tod nach Unkel, weshalb sich der Unkeler Geschichtsverein dieses Komponisten besonders annimmt, besonders mit den seit 1995
jährlich veranstalteten Carl Loewe Musiktagen. Siehe dazu Schrift Nr 13.
Über Carl Loewe:
"Sollten wir irgendeinen lebenden Komponisten bezeichnen, der vom Beginn seiner künstlerischen Laufbahn bis zum jetzigen Augenblick deutschen Geist und deutsches Gemüth bekundet und es im Zartesten wie im Wildesten, in der Sprache der ersten Liebe, wie im Ausbruche des tiefsten Zornes ausgesprochen hätte, so müßten wir Loewe nennen. Hinzu kommt noch das seltene Bündnis, das hier Komponist, Sänger und Virtuos in einer Person geschlossen haben."
(Der Komponist Robert Schumann im "Leipziger Tageblatt", 29.7.1835)
veröffentlicht vom MDR